Der Blick von unserem Balkon |
Ausblick aus unserer Wohnung |
Über eine Woche ist seit meiner Ankunft hier in Bosnien vergangen. Was gibt es also Neues zu berichten? Guten Nachrichten zu erst: Es gibt hier Kinder Schokolade! Alle Sorten! Die Mengen an Kinderschokolade im Voraus zu essen, war also nicht direkt nötig, aber es hat auch nicht geschadet (außer vielleicht meiner Figur :D).
Generell das Entdecken von
Heimat-Lebensmittel hier im Supermarkt hat wahre Euphorie bei mir
ausgelöst. Nicht weil mir die bosnischen Produkte nicht gefallen:
Nein (Ajvar wird auf jeden Fall mein Lieblingslebensmittel 2015),
viel mehr weil ich mich tierisch freue, wenn ich mal weiß, was ich
kaufe und nicht nur aufgrund der Bilder auf den Verpackungen
entscheide, ob ich das richtige Produkt in der Hand halte oder eben
nicht. Wenn meine zur Zeit eigentlich nicht existenten
Bosnischkenntnisse erst einmal ausgebaut sind, werden mir die
deutschen Lebensmittel wahrscheinlich auch keinen Trost mehr bieten
müssen. Dann kann ich es auch mal wagen, Lebensmittel zu kaufen, auf
denen keine Bilder des Inhaltes abgedruckt sind. Bis zu diesem
schönen Tag wird es wohl noch ein wenig dauern. Zwar kommen wir bei
unserem zweiwöchigen Intensivkurses echt gut voran und ich habe auch
echt das Gefühl, dass ich viel lerne, ABER bei sieben Fällen und
einer Grammatik, von der meine Lehrerin meinte „You have to learn
it by heart!“, kann es wohl etwas länger dauern, bis ich feine
bosnische Konversation betreiben kann. Wahrscheinlich wird mein
Abreisetermin nächstes Jahr meinen Lernprozess weh unterbrechen. Bis
dahin heißt's für mich erst einmal die Englischkenntnisse
auspacken.
Brav am Lernen |
...Zur Zeit wohne ich mit meinem
Mitfreiwilligen und Mitbewohner Julian in Simin Han (das ist ein
Vorort von der wunderschönen Stadt Tuzla). Hier in Simin Han gibt es
eine Art Gemeindezentrum, das Agora und in diesem Zentrum arbeiten
super nette Leute. Allen voran Asmira, ohne die wir hier ziemlich
aufgeschmissen wären. Nicht nur dass sie den Intensivsprachkurs
organisiert hat und als Dolmetscherin alle offiziellen
Arbeitserlaubnis- und Visumsangelegenheiten begleitet, sie hat uns
auch Gesprächspartner-technisch vermittelt. Sie war wirklich so nett
und hat für Julian und mich ein Treffen mit anderen Bosniern
eingefädelt.
Das Agora bei Nacht. Der weiße Schriftzug "Geto" bedeutet übrigens wirklich Ghetto :D |
Was uns unsere drei „Blind-Dates“
zu erzählen hatten, war unglaublich interessant und spannend: Wie
z.B. trotz der geringen Löhne und der hohen Arbeitslosenrate die
Leute es schaffen, ein Leben mit hohen Standards zu führen und wie
es hier üblich ist jemanden zu kennen, der jemanden kennt, der
jemanden kennt, der einem bei egal welchem Problem weiterhelfen kann.
Auf diese Art und Weise und mit ein paar Flaschen Bier als Entlohnung
lässt sich hier anscheinenden sogar ein Trupp von Leuten
zusammentrommeln, mit dem man ein eigenes Haus bauen kann.
Die Unterschiede zu Deutschland sind
hier kaum merklich, doch in solchen Momenten merke ich doch, dass die
bosnische Mentalität anders ist als die deutsche. Alles ist entspannter,
ruhiger, langsamer. Insgesamt gefällt mir diese Entspanntheit sehr.
Nur an eines werde ich mich hier wohl nicht so schnell gewöhnen: das
durchschnittliche Gehtempo ist hier so viel geringer als bei uns.
Unsere Räder |
Abgesehen von den leichten
Anpassungs-schwierigkeiten gibt es aber noch so viel mehr zu
berichten. Jetzt einmal ganz unabhängig von allen kulturellen
Unterschieden betrachtet, gibt es für mich als
„Erstmalig-von-zu-Hause-weg-Wohnerin“ und Kaffkind so viel zu
entdecken. Auf der positiven Seite steht ganz klar, dass ich nicht
mehr am Ende der Welt wohne, sondern mit dem Fahrrad in eine für
meine Verhältnisse ziemlich große Stadt fahren kann (Julian ist von
Augsburg etwas andere Größenverhältnisse gewohnt als ich aus
Buchholz/Aller, was der Grund sein kann, warum er Tuzla im Gegensatz
zu mir als relativ klein empfindet) und wenn man mal keine Lust hat
bei 35 Grad mit dem Fahrrad zu fahren, kann man natürlich auch den
Bus nehmen. Jedoch sollte man dann auch etwas mehr Zeit einplanen,
denn einen richtigen Busfahrplan gibt es hier nicht. Wir haben nicht
einmal eine richtige Bushaltestelle sondern nur eine Art Kiesplatz,
auf den man sich stellt und dann eine undefinierte Zeit lang wartet,
bis ein Bus kommt (ich glaube im Winter kann das echt „lustig“
werden).
Ein Taxi voller Einkäufe |
Selbst das Einkaufen ist zur Zeit immer
noch recht amüsant, weil Julian und ich mit den Einkäufen immer
lieber ein Taxi nehmen, anstatt auf einen Bus zu warten. Jedes Mal
ist es äußerst lustig dem Taxifahrer irgendwie zu deuten, wo genau
wir in Simin Han wohnen (zur Zeit machen wir das meistens noch mit
Handzeichen). Besonders lustig wird es, wenn wir einen rasanten
Fahrer haben, der mit quietschenden Reifen in die Kurve vor unserer
Straße biegt.
Ein weiterer positiver Aspekt meines
Auslandsjahres ist das Wohnen in Simin Han. Der etwas kleinere Vorort
ist echt schön und unsere Wohnung ist für zwei Personen richtig
groß.
Da das aber jetzt auch unsere Wohnung
ist, bedeutet das gleich eine ganz andere Verantwortung als noch bei
Mama zu wohnen. Putzen, Abwaschen, Wäsche waschen, Badezimmer putzen
und Ordnung halten; ohne Mums Hilfe ist das doch mehr Arbeit als
gewohnt (und das obwohl ich den Punkt „Ordnung halten“ recht
nachlässig behandle).
Und so kommen wir zur negativen Seite
meines Aufenthaltes: gleich in meiner ersten Woche hier hatte ich das
Vergnügen, mit Domestos den Schimmel aus der Dusche zu schrubben und
Berge von alter Wäsche von unseren Vorgängern in einer
mediumoptimal funktionierenden Waschmaschine zu waschen. Ich kann mir
eindeutig bessere Alternativen zum Zeitvertreib einfallen lasse. -.-'
Ein wenig die weißen Wände aufpeppen |
Das bedeutet nicht, dass ich jetzt
meine ganze Freizeit zu Hause mit malen verbringe. Es fällt immer
irgendwas an wie kochen oder saugen oder z.B. auch Julians
Geburtstag. Er hatte das Pech, dass sein Geburtstag direkt in der
ersten Woche hier war. Einen Geburtstagskuchen gab es trotzdem. ;)
Geburtstagskuchen |
Jerry treibt sich oftmals bei uns rum |
So sieht mein Leben hier in Bosnien
also vorerst einmal aus: Entspannt und ruhig. Zur Zeit fühlt es sich noch so an, als befände ich mich in einer Art Urlaubsfeelingphase, aber das wird sich
sicher legen, wenn ich ab September anfange zu arbeiten und mich hier
noch etwas mehr einlebe.
Retro Heu-Style ist hier nicht selten |
Mein nächster Blogeintrag folgt
deswegen wahrscheinlich erst Mitte September. Bis dahin habe ich erst
einmal ein paar mehr Bilder für euch als letztes Mal. ;)
Habt eine schöne Woche und freut euch
schon auf weitere Entdeckung meinerseits hier in Bosnien :)